Elsewhere

Johann Büsen macht digitale Malerei und anstatt eines Pinsels oder Spachtels und einer realen Farbpalette arbeitet er eben mit dem Computer. Das ist in der Geschichte der bildenden Kunst auch tatsächlich schon seit den 60er Jahren eine Ausdrucksmöglichkeit von Künstlern. Und doch erscheint sie uns immer noch ein wenig fremd. Wie malt man am Computer? Und warum überhaupt am Rechner? Auf diese Frage hat Johann Büsen ganz sympathisch lapidar geantwortet: „Mich interessiert die Arbeit am Computer. Malerei im üblichen Sinn interessiert mich nicht.“  Und vielleicht wird dem Medium, der Technik auch immer zu viel Aufmerksamkeit geschenkt, wichtig ist doch was wir sehen und da sehen wir bei diesem Künstler so einiges. Auf jeden Fall werden wir merken, dass „digital“ und „Malerei“ ganz wunderbar zusammen funktionieren.

Der Titel dieser Ausstellung lautet „Elsewhere“ und das trifft auch tatsächlich voll ins Schwarze. „Woanders“. Ja, wir scheinen hier woanders zu sein... Nämlich in der fabelhaften Welt des Johann Büsen. Hier gibt es Dinge, die es sonst nicht gibt, wir staunen über sonderbare Begegnungen, wundern uns über
die Menschen und ihr Tun und reiben uns die Augen, weil wir nicht glauben können, das das alles in einem Bild Platz findet.

Johann Büsen besitzt ein großes Archiv in seinem Computer, voll mit Bildern zu unterschiedlichsten Themen. Aus diesen Themenbereichen sucht der Künstler dann Bilder heraus, die er gerade braucht. Johann Büsen setzt aus den archivierten Bildern, die er digital bearbeitet, seine Werk zusammen. So entstehen in unendlichen Schichten seine Bilder.

Das Zusammenstellen der Bildinhalte beschrieb Johann Büsen als sehr spielerische Tätigkeit. Das Grundbild, das Thema legt der Künstler vorher gedanklich fest, die einzelnen, sozusagen ausformulierten Inhalte ergeben sich durch Ausprobieren.

Die heutige Zeit, das kann man überall lesen und hören überfrachtet uns mit Informationen, noch nie in der Menschheitsgeschichte gab es so viel verfügbares Wissen. Nie war die Bilderflut größer.

Und was macht Johann Büsen als Antwort darauf? Er kreiert Werke, die uns als Bilderkonzentrat regelrecht
um die Ohren gehauen werden. Er reduziert nicht, er vereinfacht nicht, er zeigt uns keine Bilder, die uns schonen. Ganz im Gegenteil: er schafft Bilder, die genauso voll sind, wie die Bilderwelt um uns herum. Er fordert uns, er scheint zu sagen: „Schaut hin, lasst euch ein.“ Hier kann man nicht fröhlich vor sich hin konsumieren, hier müssen wir genau hinsehen und uns auf eine Entdeckungsreise begeben.

Johann Büsen gibt uns keine eindeutigen Antworten. Und bitte sehen Sie das als Qualität, nichts ist langweiliger, als ein Bild, bei dem man das Gefühl hat: „Ah, ja, habe ich verstanden, wo ist das  nächste?“ Dieses Gefühl stellt sich bei Johann Büsen nicht ein, man versteht nicht genau, was er uns zeigt. Und das ist befreiend, denn in unser heutigen Zeit scheint alles immer einen Grund haben zu müssen, alles muss erklärbar sein, wir wundern uns zu wenig. Und ob man Kunst überhaupt „verstehen“ kann, darüber streitet die Kunsttheorie schon seit ewigen Zeiten.

Johann Büsens Bilder sind sehr vielschichtig, wo fängt man an, woran soll man sich festhalten?
Was auf den ersten Blick wie ein irres Konvolut wirkt, entpuppt sich bei dem berühmten zweiten Blick als eine sehr gut komponierte Bildkonstruktion. Der Künstler schafft klassische Bildvorder- und Hintergründe, wobei die Hintergründe oft verschwommen erscheinen. Schatten deuten auf Räumlichkeit hin. Die Bilder sind ausgewogen in ihrer Komposition, hier arbeitet jemand, der sich mit ästhetischer Wirkung auskennt.

Johann Büsen bedient sich eines Bilderkanons, der uns bekannt vorkommt. Es gibt in seinen Bildern immer wieder Verweise an uns Bekanntes: Die Ästhetik der Fünfziger, Sechziger Jahre, taucht auf, es gibt Gegenstände, die mit allgemein gültigen Assoziationen verknüpft sind, man findet Tiere, die Symbolwirkung haben. Manche Bilder erinnern an eine verrückte Comicwelt, der Künstler Neo Rauch kommt uns in den Sinn. Die Bilder sind wie Momentaufnahmen aus einem surrealen Traum, einige sind brutal und dramatisch, andere haben heitere Aspekte.

Dass Johann Büsen die meisten seiner Bilder auf Leinwand druckt erscheint mir wie ein Zitat der klassischen Malerei. Die Bilder entstehen zwar komplett digital, aber dargestellt werden sie dann doch
zum großen Teil auf der guten alten Leinwand. Das kommt mir wie ein Widerspruch vor und passt damit doch wiederum ganz phantastisch zu den Arbeiten. Immer wenn man meint, dem Künstler auf der Spur zu sein, schlägt er einem ein Schnippchen.

Die inhaltliche Vielfalt spiegelt sich übrigens auch in der Technik wieder. Hier wird getupft, gepunktet, wild gemustert, es wird verpixelt, gerastert, geschmiert und gesprüht,  - das ließe sich unendlich fortsetzen. Johann Büsen hat auch keine Angst vor Farben. Und es bleibt einem nichts übrig als die Bilder „bunt“ zu nennen, das etwas bescheidenere „farbig“ trifft einfach nicht zu! Und auch hier beweist der Künstler, dass er die Farben einzusetzen weiß, dass sie seinen Bildern und deren Stimmungen gerecht werden.

Johann Büsen widmet sich nicht nur der digitalen Malerei, ich habe ja gerade auch die Animationsfilme erwähnt. Darüber hinaus produziert Johann Büsen T-Shirts, er malt wirklich riesige Wandbilder, er zeichnet, er illustriert für Magazine, er fotografiert und und und. Das ist bemerkenswert, denn gerade der deutsche Kunstmarkt legt Künstler gerne auf ein bestimmtes Genre fest, weil
sie sich dann besser vermarkten lassen. Es gibt so berühmte Ausnahmen wie Tim Ullrichs, aber die Regel ist das eben nicht. Das gefällt mir sehr, das sich hier jemand nicht festlegen will und die künstlerische Bandbreite voll ausnutzt.

Vera Burmester
(Auszüge aus der Eröffnungsrede)